Netzwerk Geschlechterbewusste Theologie
NGT
Dialoge zwischen Theologinnen und Theologen Theologische Geschlechterforschung oder geschlechterbewusste Theologie – mit diesen neuen Begriffen umschreiben wir den Perspektivenwechsel, der sich gegenwärtig abzeichnet: Als Frauen, Männer oder Menschen, die sich jenseits des Geschlechterdualismus positionieren, treten wir in einen Dialog über unsere jeweiligen Perspektiven. Mehrere Entwicklungen haben uns zu diesem Schritt geführt: Unter feministischen Theologinnen ist eine „dritte Generation“ herangewachsen, die sich mit den aktuellen Debatten um Postmoderne, Differenz unter Frauen und Dekonstruktion von Geschlecht in den Gender Studies auseinandersetzt. Eine Gender- und Geschlechterforschung von Theologinnen ist bereits am Entstehen. Unter dem Einfluss der diskurstheoretischen und poststrukturalistischen philosophischen Ansätze aus Frankreich und den USA hat sich das Interesse der Gender Studies auf die kulturellen Konstruktionsmechanismen von Geschlecht verlagert: Wie kommt es, dass Individuen zu Frauen und Männern werden? Parallel zur dreißigjährigen Geschichte der feministischen Theologie hat sich eine kontextuelle theologische Männerforschung, trotz der Aktivitäten in der Männer- und Väterarbeit, bislang eher zögerlich entwickelt. Einige Vorreiter konzentrierten sich in den letzten Jahren auf Konzepte emanzipatorischer Männerarbeit. Sie beklagen die Kluft zwischen der akademischen Theologie und dem konkreten Alltag von Männern. Die Suche nach einer alltagsrelevanten Theologie, die sich mit den veränderten Herausforderungen an Mannsein und den Erkenntnissen der Männerforschung auseinandersetzt, steht an erster Stelle. Neuerdings wird an den Universitäten vermehrt im Bereich „Konstruktionen von Männlichkeit in Theologie und Gesellschaft“ geforscht. Vereinzelt werden auch Vorlesungen zu Masculinity Studies angeboten. Theologische Geschlechterforschung zu biblischen, historischen oder theologischen Traditionen lassen sich inzwischen nicht immer eindeutig in der feministischen Theologie, der theologischen Männerarbeit oder lesbisch-schwulen Theologie verorten. Ansätze, die sich aus der Queer Theory oder der Postkolonialen Theorie entwickeln, stellen die Grenzen zwischen „Männer“- und „Frauenforschung“ in Frage und verändern kontinuierlich unsere Perspektiven im Dialog-Projekt.  Theologische Dialoge querbeet eröffnen hier neue Wege Mit diesen unterschiedlichen Erfahrungen, Anliegen, theoretischen Ansätzen und Diskussionsstadien treffen wir in theologischen Dialogen aufeinander:  Es geht um beide Geschlechter und um Geschlecht an sich, auch in der Theologie. Erst im Dialog querbeet zwischen Männern, Frauen und allen, die dazwischen liegen, zeigt sich, wie komplex die Geschlechterverhältnisse und die Beziehungen untereinander sind. Sehr unterschiedliche Entwicklungen sind im Gange; veränderte Frauen- oder Männerbilder und der Versuch, sich ganz von solchen Bildern zu lösen, stehen neben geschlechterstereotypen Kontinuitäten. Dialoge querbeet eröffnen neue Wege, Geschlechterkonstruktionen innerhalb der theologischen und kirchlichen Traditionen zu hinterfragen und zu revidieren.  Viele Fragen sind offen: Wie werden die Resultate der aktuellen Frauen-, Männer- und Geschlechterforschung in den einzelnen theologischen Disziplinen rezipiert? Welcher Stellenwert kommt der Kategorie Geschlecht in der gegenwärtigen theologischen Urteilsbildung zu? Müssen allgemeine Theorien verabschiedet werden zugunsten kleinräumiger, kontextueller Analysen? Wie steht es mit Geschlechterhierarchien und Sexualitäten im Alltag, in der Praxis, Theorie und Theologie? Wie tragfähig sind Konzepte wie Geschlechterdemokratie oder Geschlechtergerechtigkeit?  Welche Bedeutung haben befreiungstheologische Traditionen?